Sachmängel, Gewährleistung und Garantie

Manchmal ist eine Ware nicht in Ordnung oder verfehlt die Erwartungen des Käufers. Daher sollten Sie sich mit rechtlichen Rahmenbedingungen wie Sachmängeln, Gewährleistung und Garantie vertraut machen. In diesem Artikel erfahren Sie, wie Sie Beschwerden und Retouren verringern, Ihre Pflichten als Verkäufer kennen und gleichzeitig Ihre Kunden zufriedenstellen.

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Begriffserklärungen: Mangel, Gewährleistung & Garantie

Mangel: Ein Mangel liegt vor, wenn die gekaufte Ware nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweist oder sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet.

Gewährleistung: „Gewährleistung bezeichnet die gesetzlichen Rechte, die einem Käufer zustehen, wenn die gekaufte Ware Mängel aufweist.“

Garantie: „Eine Garantie ist ein freiwilliges Versprechen des Verkäufers über bestimmte Eigenschaften oder die Haltbarkeit der Ware, die über die gesetzliche Gewährleistung hinausgeht.“

Sachmangel: Artikelbeschreibung als Maßstab

Ein Sachmangel liegt vor, wenn – verkürzt gesagt – der gelieferte Artikel von der Artikelbeschreibung negativ abweicht. Die Artikelbeschreibung dient somit als zentraler Maßstab zur Beurteilung, ob ein Mangel vorliegt. Dazu zählen auch Abbildungen des Artikels. Je präziser Sie die Eigenschaften des Artikels beschreiben, desto weniger Missverständnisse treten auf.

Stellen Sie sicher, dass Ihre Produktbeschreibungen alle relevanten Informationen enthalten, um Missverständnisse und mögliche Mängelrügen (Reklamationen) zu vermeiden. Dokumentieren Sie alle Kommunikation mit Ihren Kunden sorgfältig, um im Falle einer Gewährleistungsforderung gut vorbereitet zu sein.

Typische Sachmängel und Ihre Auswirkungen

Es gibt verschiedene Arten von Sachmängeln, z.B. Materialfehler(z.B. Risse, Löcher, Abplatzungen), Falschlieferung (z.B. andere Größe oder Farbe als bestellt), oder die Lieferung einer zu geringen Menge. Ein Sachmangel kann auch darin bestehen, dass eine Aufbauanleitung mangelhaft ist, und der Käufer deshalb die Sache nicht richtig verwenden kann, oder dass Teile fehlen (z.B. die zugesagten Batterien für eine Uhr).

Die Gewährleistungsrechte des Käufers

Wenn ein Sachmangel vorliegt, stehen dem Käufer bestimmte gesetzliche Rechte zu – die Gewährleistungsrechte gemäß § 437 BGB. Dazu gehören Nacherfüllung, Minderung, Rücktritt und Schadensersatz:

Nacherfüllung

bedeutet die Behebung des Mangels. Dabei kann der Käufer zwischen zwei Arten der Nacherfüllung wählen:

  • Mangelbeseitigung: Reparatur des defekten Artikels oder Nachlieferung fehlender Bestandteile (z.B. Ausbesserung einer Naht, Nachlieferung fehlender Batterien).
  • Neulieferung: Der Käufer sendet den kompletten Artikel zurück und erhält einen neuen Ersatzartikel (z.B. bei Versand eines Artikels in falscher Farbe oder Größe).

Kosten der Nacherfüllung

Bei beiden Arten der Nacherfüllung muss der Verkäufer alle „zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten tragen“ (§ 439 BGB).
Schickt also ein Käufer eine mangelhafte Ware zurück, muss der Verkäufer dem Käufer seine Porto- und Verpackungskosten erstatten und auch die Kosten für den erneuten Versand der reparierten oder ausgetauschten Sache tragen.

Minderung

Minderung bedeutet die nachträgliche Senkung des Kaufpreises, wenn eine Nacherfüllung nicht möglich ist. Zum Beispiel, wenn ein Unikat beim Transport beschädigt wurde und es keine Möglichkeit zur Reparatur oder zum Austausch gibt, kann der Käufer den Kaufpreis nachträglich mindern, wenn er die Ware trotzdem behalten möchte. Der Käufer kann also einen angemessenen Teil des gezahlten Preises zurückverlangen. Wie hoch die Minderung ausfällt, hängt vom konkreten Einzelfall ab. Es ist ratsam, mit dem Käufer ruhig darüber zu sprechen, um eine einvernehmliche Lösung zu finden. Als Verkäufer haben Sie die Chance, aus einem enttäuschten Käufer einen zufriedenen Kunden zu machen, der wieder in Ihrem Shop einkauft.

Das Recht auf Minderung besteht auch dann, wenn bereits zwei Reparatur- oder Austauschversuche fehlgeschlagen sind oder der Verkäufer die Nacherfüllung verweigert.

Rücktritt vom Kaufvertrag

Unter den gleichen Voraussetzungen wie für die Minderung kann der Käufer auch vom Vertrag zurücktreten. Ist also eine Sache weder reparabel noch austauschbar, oder ist eine Nacherfüllung bereits zweimal fehlgeschlagen oder wird sie vom Verkäufer verweigert, so kann der Käufer die Ware zurückschicken und hat Anspruch auf Erstattung des Kaufpreises.

Schadensersatz

Ist ein Käufer zur Minderung oder zum Rücktritt berechtigt, kann er gleichzeitig Schadensersatz verlangen für die finanziellen Einbußen, die mit der Minderung oder dem Rücktritt zusammenhängen. Tritt der Käufer vom Vertrag zurück, kann er zum Beispiel das Porto für die Rücksendung der Ware als Schadensersatz erstattet verlangen. Es könnte auch sein, dass der Käufer vom Vertrag zurücktritt und den gleichen Artikel anschließend von einem anderen Verkäufer erwirbt (man spricht hier von Ersatzbeschaffung). Wenn der Preis des Ersatzgeschäftes höher ist als für die ursprüngliche Bestellung, kann der Käufer die Preisdifferenz als Schadensersatz geltend machen. Dies gilt aber nur, wenn es sich bei dem Ersatz um den gleichen Artikel handelt. Der Rücktritt berechtigt nicht dazu, auf Kosten des ersten Verkäufers etwas ganz anderes zu kaufen.

Praktische Handhabung von Gewährleistungsfällen

Ist ein Käufer mit einem Artikel wegen eines Mangels unzufrieden, muss er dem Verkäufer möglichst genau beschreiben, worin das Problem besteht. Nur so kann der Verkäufer einschätzen, ob und wie der Mangel zu beheben ist. Eine völlig unbestimmte Mitteilung des Käufers (das Produkt „geht nicht“) reicht nicht aus.

Beweislast im Streitfall

Streiten Käufer und Verkäufer darum, ob eine Sache bei Lieferung mangelhaft war, muss der Käufer den Mangel beweisen. Kauft allerdings ein Verbraucher bei einem Unternehmer (und das ist der Regelfall), gilt im ersten halben Jahr nach Lieferung eine Beweislastumkehr: Innerhalb dieser Zeitspanne muss der Verkäufer beweisen, dass die Ware bei Lieferung mangelfrei war. Das ist für den Verkäufer meist so gut wie unmöglich. Denn auch für Schäden, die beim Versand entstehen, muss der Verkäufer einstehen.

Verjährungsfrist der Gewährleistungsrechte

Die Gewährleistungsrechte verjähren im Regelfall zwei Jahre nach Lieferung. Ist diese Zeit verstrichen, kann der Käufer – bis auf einige Ausnahmefälle – keine Ansprüche mehr geltend machen. Man nennt diese Zeitspanne auch „Gewährleistungsfrist“.

Chance zur Verbesserung

Bedenken Sie immer: Eine sachliche Käuferbeschwerde gibt Ihnen die Chance, das eigene Angebot zu verbessern. Lernen Sie von Ihren Kunden! Guter Service – gerade gegenüber zunächst unzufriedenen Käufern – ist ein wichtiges Qualitätsmerkmal.

Beschränkung der Gewährleistungsrechte

Natürlich wollen Verkäufer Kosten und Risiken der Gewährleistung in Grenzen halten. Aber Vorsicht: Soweit Sie neue Sachen an Verbraucher verkaufen, dürfen Sie die gesetzlichen Gewährleistungsrechte nicht beschränken – weder in AGB noch in anderer Weise. Lediglich bei gebrauchten Sachen („Vintage“) gibt es eine Option, die Gewährleistungsfrist mit einer passenden AGB-Klausel auf ein Jahr zu reduzieren – siehe hierzu auch den Beitrag zu Besonderheiten beim Verkauf von Gebrauchtwaren.

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Garantie vs. Gewährleistung: Was ist der Unterschied?

Während das Gewährleistungsrecht den gesetzlichen „Mindeststandard“ darstellt, bedeutet eine Garantie ein darüber hinausgehendes, freiwilliges (aber rechtlich verbindliches) Versprechen des Verkäufers. So kann der Verkäufer eine bestimmte Haltbarkeit garantieren, z.B. fünf Jahre für Nähte.

Einen gesetzlich definierten Inhalt einer Garantie gibt es nicht. Deshalb muss ein Verkäufer etwaige Garantieklauseln stets selbst formulieren.

Hohe Anforderungen an Garantieklauseln

Allerdings stellt das Gesetz hohe Anforderungen an wirksame Garantieklauseln: Der Inhalt der Garantie muss genau beschrieben werden einschließlich der Art und Weise, wie der Käufer die Garantie geltend machen kann. Eine gut gemeinte, aber ungenaue „Garantie“ ist meist unwirksam und kann zu Abmahnungen durch Wettbewerber führen.

Wer als Verkäufer nur die gesetzlichen Gewährleistungsrechte meint, sollte das Wort „Garantie“ in Produktbeschreibungen und AGB nicht verwenden.

Verhältnis zum Verbraucher-Widerrufsrecht

Das Gewährleistungsrecht und das Verbraucher-Widerrufsrecht bestehen nebeneinander. Ist der Käufer wegen eines Mangels nicht zufrieden, kann er entweder mit Hinweis auf den Mangel seine Gewährleistungsrechte geltend machen, oder aber den Kaufvertrag ohne Angabe von Gründen widerrufen. Beides hat Vor- und Nachteile:

  • Verlangt der Käufer Nacherfüllung, muss er den Mangel beschreiben und notfalls beweisen können. Transportkosten für die Mangelbeseitigung übernimmt dann der Verkäufer.
  • Erklärt der Käufer hingegen den Widerruf, erspart ihm das den Nachweis eines Mangels, schließt aber auch die Gewährleistungsrechte aus. Gegen Rücksendung des Artikels erhält der Käufer sein Geld zurück, muss aber eventuell das Retourenporto tragen.

Ist die Widerrufsfrist für den Vertrag abgelaufen, bestehen die Gewährleistungsrechte weiter bis zum Ende der Verjährungsfrist von (meistens) zwei Jahren.

Beispiele

Beispiel 1: Lisa hat von Maxie eine „wetterfeste Fahrradtasche“ aus gebrauchter LKW-Plane gekauft. Aber schon beim ersten Regen dringt Wasser durch eine Naht. Lisa verlangt von Maxie daher eine neue Tasche. Maxie erklärt, dass alle Taschen Einzelstücke sind und daher keine zweite Tasche mit demselben Druckmuster existiert. Eine Neulieferung scheidet daher aus. Maxie bietet aber an, die Nähte zu überarbeiten und zu imprägnieren. Lisa ist einverstanden. Sie schickt die Tasche zu Maxie, die sie nachbessert und zurückschickt. Zugleich erstattet Maxie auch Lisas Porto für die Einsendung der defekten Tasche. Lisa freut sich über den professionellen Kundenservice.

Beispiel 2: Lisa hat für 40 Euro eine rare Schallplatte ergattert. Als die Platte ankommt, hat sie einige Kratzer – zwei der zehn Lieder sind kaum zu hören. Weil die Kratzer nicht zu beheben sind und die gleiche Schallplatte nirgendwo sonst erhältlich ist, mindert Lisa den Kaufpreis um 20%. Der Verkäufer erstattet ihr 8 Euro. Lisa hätte wegen des nicht behebbaren Mangels auch vom Kauf zurücktreten können, aber sie wollte die übrigen acht Lieder gern hören und die Platte daher behalten. Deshalb wählte sie die Minderung.

Beispiel 3: Maxie kauft eine Schreibtischlampe. Beim Auspacken stellt sie fest, dass die Lampe flackert. Sie schickt die Lampe dem Verkäufer mit Bitte um Reparatur. Wenig später ist die Lampe wieder da – aber leuchtet jetzt überhaupt nicht mehr. Maxie schickt die Lampe erneut ein, aber auch nach der neuerlichen „Reparatur“ hat sich nichts verbessert. Maxie hat jetzt genug. Sie will mit der Lampe und dem Verkäufer nichts mehr zu tun haben. Sie erklärt wegen der zweimal fehlgeschlagenen Reparaturversuche den Rücktritt vom Vertrag. Der Verkäufer hat ein Einsehen, nimmt die Lampe zurück und erstattet Maxie den Kaufpreis und alle ihre Portokosten.