Alles über die Umsatzsteuerpflicht und Befreiung als Kleinunternehmer
Stand: 28. 1. 2025
Umsatzsteuer (ehemals „Mehrwertsteuer“) ist ein zentraler Aspekt im Geschäftsleben. In diesem Artikel erklären wir die Grundlagen der Umsatzsteuer und klären, wann Kleinunternehmer davon befreit sind. Wir definieren wichtige Begriffe, erläutern die Abrechnung der Umsatzsteuer und das „Bestimmungslandprinzip“ für digitale Lieferungen ins EU-Ausland. Dieses Wissen hilft Ihnen, steuerliche Fallstricke zu vermeiden und Ihr Unternehmen erfolgreich zu führen.

Welche Online-Verkäufer müssen Umsatzsteuer erheben?
Vorab eine Begriffsklärung: Die Umsatzsteuer wird oft auch als „Mehrwertsteuer“ bezeichnet. Dieser Begriff meint zwar dieselbe Steuer, ist allerdings veraltet und sollte nicht mehr verwendet werden. Zentrales Gesetz für alle Regelungen rund um die Umsatzsteuer ist das Umsatzsteuergesetz (UStG).
Ob Sie sich eingehend mit dem Thema Umsatzsteuer auseinandersetzen müssen, hängt vor allem davon ab, wie hoch der Umsatz aus Ihrer gewerblichen Tätigkeit ist.
„Umsatz“ sind die Zahlungen, die Sie von Ihren Käufern als Kaufpreise insgesamt erhalten. „Gewinn“ ist der Betrag, der nach Abzug Ihrer Kosten vom Umsatz übrigbleibt. Für die Frage der Umsatzsteuer kommt es – wie der Name schon sagt – nur auf den Umsatz an, nicht auf den Gewinn.
Grundsätzliche Regelung nach dem Umsatzsteuergesetz
Das Umsatzsteuergesetz geht von dem Normalfall aus, dass jeder Verkäufer auf alle Preise seiner Waren Umsatzsteuer aufschlagen und bei einem Verkauf diese Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen muss (§ 1 UStG).
Ausnahmen gelten für Kleinunternehmer und „Differenzbesteuerer“.
Wer ist Kleinunternehmer gemäß § 19 UStG?
Unter bestimmten Bedingungen sind Verkäufer und Dienstleister von der Erhebung der Umsatzsteuer befreit. Das bedeutet, dass sie auf ihre Verkaufspreise keine Umsatzsteuer aufschlagen, keine Umsatzsteuer in den Rechnungen ausweisen und somit auch nicht an das Finanzamt abführen müssen. Diese Regelung soll Gründer und kleinere Unternehmen von Bürokratie entlasten.
Voraussetzungen für die Kleinunternehmerregelung
Diese Befreiung besteht gemäß § 19 Abs. 1 UStG dann, wenn Ihr Umsatz (einschließlich etwaig enthaltener Umsatzsteuer, falls Sie diese bereits erheben)
- im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 25.000 € betrug (z.B. weil Sie im vorangegangenen Jahr noch gar nicht tätig waren) und
- im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich nicht mehr als 100.000 € betragen wird (das obliegt Ihrer gewissenhaften Selbsteinschätzung).
Wenn diese beiden Voraussetzungen auf Sie zutreffen, gelten Sie umsatzsteuerrechtlich als „Kleinunternehmer“.
Seit Beginn des Jahres 2025 starten Unternehmensgründer automatisch als Kleinunternehmer, ohne bereits bei Gründung eine Umsatzprognose abgeben zu müssen. Gründer, die aber bereits früh eine Überschreitung der Umsatzgrenzen absehen, können auf Antrag jederzeit auf den Kleinunternehmerstatus verzichten - auch schon im Moment der Gründung.
Umsatzgrenzen für Kleinunternehmer
Sobald Sie mit Ihrem Umsatz die Grenze von 25.000 € in einem Kalenderjahr überschreiten, müssen Sie im Folgejahr auf alle Ihre Nettoverkaufspreise die Umsatzsteuer aufschlagen, in den Rechnungen ausweisen und an das Finanzamt abführen.
Wenn Sie innerhalb eines Jahres die Umsatzschwelle von 100.000 € überschreiten, unterfallen ab diesem Moment alle weiteren Umsätze der Regelbesteuerung. Für bis zu diesem Zeitpunkt erzielten Umsätze müssen Sie aber nicht nachträglich Umsatzsteuer aufschlagen.
Optionaler Verzicht auf den Kleinunternehmer-Status
Wenn Sie Kleinunternehmer sind, können Sie – wenn Sie möchten – auf die Befreiung von der Umsatzsteuerpflicht verzichten (§ 19 Abs. 3 UStG), also auch als Kleinunternehmer reguläre Rechnungen mit Umsatzsteuer stellen. Dies kann z.B. dann sinnvoll sein, wenn Sie in Ihrer Außendarstellung – also aus Image-Gründen – nicht als „Kleinunternehmer“ auftreten wollen. Außerdem müssen Sie dann auch nicht mehr darauf achten, ob und wann Sie die Umsatzschwellen von 25.000 € bzw. 100.000 € erreichen. Für den Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung wenden Sie sich an Ihr Finanzamt.
Was müssen umsatzsteuerpflichtige Verkäufer beachten?
Wenn Sie nach der vorstehenden Weichenstellung umsatzsteuerpflichtig sind oder freiwillig auf die Kleinunternehmerregelung verzichtet haben, gilt folgendes:
Berechnung der Umsatzsteuer
Sie sind verpflichtet, auf den Warenpreis die Umsatzsteuer aufzuschlagen und dem Käufer zu berechnen. Der reguläre Steuersatz beträgt zur Zeit 19%. Bei bestimmten Produkten gilt ein ermäßigter Steuersatz von 7%, wie z.B. für Bücher, einen Großteil von Lebensmitteln und für bestimmte Kunstgegenstände. Bitte wenden Sie sich an einen Steuerberater, um den für Ihre Waren zutreffenden Steuersatz zu erfahren. Im Zweifel sollten Sie 19% wählen, um auf der sicheren Seite zu sein: Das Finanzamt wird Ihnen zu hohe Steuern – die Sie ja an das Finanzamt abzuführen haben – nicht verübeln, im Gegensatz zu einem zu geringen Steuersatz, der zu Nachzahlungspflichten führen kann.
Erhebung der Umsatzsteuer
Die Umsatzsteuer wird durch Sie als Verkäufer erhoben, d.h. Sie müssen diese Ihren Käufern zusätzlich zum Nettoverkaufspreis in Rechnung stellen. Wie Sie eine Verkaufsrechnung korrekt stellen, erklären wir Ihnen in unserem Beitrag über die Pflichtbestandteile von Rechnungen.
Angabe des Bruttopreises im Online-Shop
Bitte beachten Sie, dass Sie beim Einstellen eines Produktes in einem Online-Shop in aller Regel den Bruttopreis eingeben müssen, also den Endpreis inklusive der Umsatzsteuer. Das gilt auch für die meisten elektronischen Marktplätze (Verkaufsplattformen).
Umsatzsteuererklärung und Umsatzsteuer-Voranmeldungen
Mitteilung der eingenommenen Umsatzsteuer
Die Höhe der eingenommenen Umsatzsteuer müssen Sie gegenüber dem Finanzamt mitteilen. Dies geschieht im Rahmen Ihrer (jährlichen) Umsatzsteuererklärung und Ihrer (monatlichen oder quartalsweisen) Umsatzsteuervoranmeldungen.
Verrechnung der gezahlten und eingenommenen Umsatzsteuer
In der Umsatzsteuererklärung und den -voranmeldungen geben Sie auch diejenigen Umsatzsteuerbeträge an, die Sie selbst an andere Unternehmen bezahlt haben, z.B. für Materialeinkäufe. Diese von Ihnen bezahlten Umsatzsteuerbeträge werden verrechnet mit den an Sie gezahlten Umsatzsteuerbeträgen. Haben Sie mehr eingenommen als bezahlt, müssen Sie die Differenz an das Finanzamt leisten, andernfalls erhalten Sie selbst eine Zahlung vom Finanzamt.
Entlastung für Existenzgründer
Unternehmer mit Kleinunternehmerstatus müssen seit 1.1.2025 im Regelfall keine monatliche Umsatzsteuervoranmeldung mehr einreichen. Nur noch in besonderen Fällen fordert das Finanzamt Kleinunternehmer zur Umsatzsteuervoranmeldung auf.
Übermittlung der Umsatzsteuererklärung
Die Umsatzsteuererklärung und die -voranmeldungen können Sie über das Internet übermitteln. Unter www.elster.de nimmt das Portal der Finanzämter Ihre Daten online entgegen. Die Online-Umsatzsteuervoranmeldung und auch die Jahresmeldung sind in der Regel einfach und dauern nur wenige Minuten – haben Sie also keine Scheu davor.
Was für Kleinunternehmer gilt
Befreiung von der Umsatzsteuerpflicht
Wenn Sie als Kleinunternehmer von der Umsatzsteuer befreit sind, müssen Sie die Umsatzsteuer nicht in Rechnung stellen und in der Folge auch nicht an das Finanzamt abführen. Sie berechnen Ihren Käufern also nur den Nettobetrag. Wenn Sie Rechnungen schreiben, sollten Sie dem Rechnungstext den Hinweis „Umsatzsteuer wird gemäß § 19 Abs. 1 UStG nicht erhoben“ hinzufügen.
Hinweis auf Kleinunternehmer-Eigenschaft in Onlineshops
Wenn Sie als Kleinunternehmer einen Onlineshop betreiben, müssen Sie in Ihren Angeboten kenntlich machen, dass Ihre Preise keine Umsatzsteuer enthalten und Sie auch keine Umsatzsteuer aufschlagen. Das ist wichtig, um bei Geschäftskunden nicht den falschen Eindruck zu erwecken, dass im Preis Umsatzsteuer enthalten wäre, die ein Geschäftskunde vom Finanzamt erstattet bekäme. Der wirtschaftliche Unterschied zwischen Bruttopreisen, die abziehbare Umsatzsteuer enthalten, und den Preisen eines Kleinunternehmers liegt – je nach Produktart – bei 7% oder 19%.
Für transparente Preisangaben schreiben Sie als Kleinunternehmer daher möglichst nah am bezifferten Preis in Ihre Angebote: „Umsatzsteuer wird nicht erhoben (§ 19 Abs. 1 UStG).“
Wegen einer besonderen Formulierung der relevanten Vorschrift im Umsatzsteuergesetz (UStG) musste der Hinweis bis 31. 12. 2024 noch lauten, dass Umsatzsteuer in der Rechnung nur „nicht ausgewiesen“ (wohl aber erhoben) würde. Zum 1. 1. 2025 ist das UStG verständlicher gefasst worden, sodass Kleinunternehmer die Umsatzsteuer jetzt tatsächlich „nicht erheben“.
Vorteile der Kleinunternehmerregelung
Die Kleinunternehmerregelung macht Ihnen die Buchhaltung also etwas einfacher. Außerdem können Sie Ihre Produkte billiger anbieten, denn der Käufer muss nicht 19% oder 7% zusätzlich zahlen. Somit kann die Kleinunternehmerregelung zu höheren Verkaufszahlen führen.
Nachteile der Kleinunternehmerregelung
Allerdings bekommen Sie die Umsatzsteuer, die Sie an andere Unternehmen gezahlt haben (z.B. für Materialeinkauf), als Kleinunternehmer auch nicht vom Finanzamt erstattet. Sie können an andere bezahlte Umsatzsteuer aber als normale Betriebsausgabe geltend machen. Wenn Sie bei Ihrer Geschäftsgründung viele Anschaffungen machen müssen, könnte es sich lohnen, auf die Kleinunternehmerregelung zu verzichten. Dies sollten Sie im Einzelfall mit Ihrem Steuerberater entscheiden.
Fehlerhafte Ausweisung der Umsatzsteuer
Sollten Sie als Kleinunternehmer versehentlich Umsatzsteuer ausgewiesen haben, obwohl dies nach § 19 UStG nicht vorgesehen ist, geben Sie darüber eine Umsatzsteuererklärung ab und zahlen den Betrag an das Finanzamt.
Lieferung digitaler Inhalte ins EU-Ausland (Bestimmungslandprinzip)
Die Besonderheit des Bestimmungslandprinzips
Für digitale Inhalte (z.B. eBooks, Videokurse, Stickdateien, Schnittmuster und Anleitungen), die Sie den Kunden als Download oder per E-Mail bereitstellen, gilt eine Besonderheit, nämlich das Bestimmungslandprinzip.
Wenn Sie digitale Inhalte an einen Kunden im EU-Ausland liefern, müssen Sie Ihrem Kunden Umsatzsteuer nach den Regeln des Empfängerlandes berechnen. Empfängerland im Sinne des Umsatzsteuerrechts ist das Land, in dem sich der Kunde gewöhnlich aufhält, also seinen Wohnsitz hat. Gilt im Empfängerland z.B. ein Umsatzsteuersatz von 21%, müssen Sie diesen Steuersatz anwenden und den entsprechenden Kaufpreisanteil an das Finanzamt abführen. Dafür entfällt die deutsche Umsatzsteuer.
Diese Handhabung der Steuer nennt sich Bestimmungslandprinzip, demm die Steuer richtet sich nach dem Land des Empfängers, dem „Bestimmungsland“. Folglich ist die ausländische Umsatzsteuer auch von denjenigen Verkäufern anzuwenden, die in Deutschland Kleinunternehmer sind.
Bestimmungslandprinzip gilt erst ab 10.000 Euro Jahresumsatz
Das Bestimmungslandprinzip müssen Sie aber nur dann berücksichtigen, wenn Ihr Umsatz aus den Verkäufen von digitalen Inhalten in das EU-Ausland 10.000 € im Kalenderjahr übersteigt.
Dabei wird der Umsatz aller Ihrer Kunden in allen Ländern des EU-Auslands zusammengerechnet. Die Schwelle von 10.000 € gilt also nicht pro Land. Solange Sie unterhalb dieser Schwelle liegen, brauchen Sie nur die innerstaatlichen Regelungen anzuwenden, können also alle EU-Kunden behandeln wie inländische Kunden.In jedem Falle: Einkommensteuerpflicht
Ob Sie Kleinunternehmer sind oder nicht: Sie bleiben natürlich in jedem Falle einkommensteuerpflichtig! Bei der Umsatzgrenze für die Kleinunternehmer-Eigenschaft handelt es sich nicht um einen Freibetrag. Auch als Kleinunternehmer müssen Sie ganz regulär alle Gewinne aus Ihrer gewerblichen Tätigkeit versteuern.
Keine Auswirkungen der Umsatzsteuer auf die Einkommensteuer
Auf Ihre Einkommensteuer – also Ihre persönliche Steuerbelastung – hat eingenommene Umsatzsteuer keine Auswirkungen. Denn bei der Umsatzsteuer handelt es sich lediglich um einen „durchlaufenden Posten“: Das, was Sie an Umsatzsteuer von Ihren Käufern einnehmen, müssen Sie an das Finanzamt in derselben Höhe auch wieder abführen. Ihr Gewinn ändert sich unter dem Strich also nicht.
Haben Sie Fragen?
Wenn Sie am Anfang Ihrer unternehmerischen Tätigkeit stehen, wird Ihnen das Thema Steuern wahrscheinlich nicht leicht fallen. Wir raten Ihnen daher, sich bei Fragen zusätzlich an einen Steuerberater, Anwalt oder direkt an das Finanzamt zu wenden.
Unsere onwalt-Akademie kann Ihnen nur einen groben Überblick bieten und keine fundierte Beratung im Einzelfall ersetzen.
Weiterführende Hinweise
Links
www.elster.de (Portal für die elektronische Steuererklärung)