Statusfeststellungsverfahren: So klärst du deinen Erwerbsstatus – schnell, belastbar, rechtssicher

Unsicher, ob dein Projekt rechtlich als abhängige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit gilt? Die Statusfeststellung der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) klärt verbindlich, ob für ein konkretes Vertragsverhältnis eine abhängige Beschäftigung oder Selbstständigkeit vorliegt. Alles, was du dazu wissen musst, findest du in diesem Beitrag.

Warum Status klären?

Nur durch das Statusfeststellungsverfahren kannst du rechtssicher und verbindlich deinen Erwerbsstatus klären lassen (idealerweise vor Beginn). Das ist sicherer und günstiger, als später in der Betriebsprüfung Nachzahlungen für die Vergangenheit zu riskieren.

Ziel ist, Scheinselbstständigkeit zu vermeiden und dein Setup von Beginn an rechtssicher, nachvollziehbar und belastbar zu gestalten.

Die drei Wege zur Statusfeststellung

  • Klassische Entscheidung (§ 7a Abs. 1 SGB IV): Statusfeststellung für ein laufendes oder unmittelbar bevorstehendes Vertragsverhältnis.
  • Prognoseentscheidung (§ 7a Abs. 4a): Status vor Tätigkeitsbeginn feststellen – gilt, wenn ihr später wie prognostiziert arbeitet. Voraussetzung: konkreter Vertrag & feststehende Durchführungsdetails.
  • Gruppenfeststellung (§ 7a Abs. 4b/4c): Orientierung für gleichartige künftige Einsätze (kein Bescheid). Einzelfall bleibt möglich. Vertrauensschutz: Wird binnen 2 Jahren doch Beschäftigung festgestellt, beginnen Beiträge erst ab Bekanntgabe – vorausgesetzt, der Auftragnehmer hatte bis dahin Kranken- und Altersvorsorge. Befristet bis 30.06.2027.

Auf einen Blick

Hinweis
  • Worum geht’s? Eine verbindliche Entscheidung der DRV, ob dein konkretes Projekt als abhängige Beschäftigung (Anstellung) oder Selbstständigkeit gilt.
  • Drei Wege: Klassisch (bei laufendem/startendem Projekt), Prognose (vor Beginn), Gruppenfeststellung (für gleichartige künftige Einsätze).
  • So beantragst du’s: Formular V0027 – online oder per PDF. Auftraggeber oder Auftragnehmer können beantragen. Bei Einsätzen über Dritte kann der Endkunde beteiligt sein (Prognose nur durch die Hauptbeteiligten).
  • Worauf schaut die DRV? Gesamtbild der gelebten Zusammenarbeit: Eingliederung, Weisungen, Arbeitsmittel/Setup, Unternehmerrisiko. Verträge helfen – die Praxis entscheidet.
  • Warum klären? Planungssicherheit (Beiträge, Prozesse, Payroll) statt späterer Nachzahlungen.

Was klärt das Statusfeststellungsverfahren – und was nicht?

Die DRV legt für dieses Vertragsverhältnis verbindlich den Erwerbsstatus fest – also Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit. Die frühere Elementenfeststellung (Einzelprüfung je Sozialversicherungszweig) gibt es seit 01.04.2022 nicht mehr. Praktisch: erst Status klären, danach werden die Beitragsfragen für gesetzliche Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung jeweils separat geklärt.

Warum relevant:

  • Für Auftraggeber: Planungssicherheit zu Sozialversicherungspflichten, relevanten Steuern und Festlegung weiterer notwendiger Prozesse (Meldungen, Payroll, On/Offboarding).
  • Für Auftragnehmer: Klare Basis für Abrechnung, Außenauftritt und Vertragsgestaltung – weniger Reibung in Prüfungen; Vermeidung von Nachzahlungen und Konflikten.

Worauf stützt sich die Entscheidung?

Maßstab ist eine wertende Gesamtwürdigung der tatsächlichen Zusammenarbeit – mit Blick auf Eingliederung, Weisungsgebundenheit, Arbeitsmittel/Setup und Unternehmerrisiko, anhand der von der Rechtsprechung entwickelten Merkmale. Die Vertragsgestaltung liefert Indizien, entscheidend ist aber die gelebte Praxis.

Die Kriterien & Stellschrauben haben wir hier ausführlich aufbereitet – inkl. Praxisbeispielen: Scheinselbstständigkeit in der Beratung.

Die Varianten – welche passt wann?

Variante Wann sinnvoll? Wer beantragt? Bindung Use Cases
Klassische
Entscheidung

(§ 7a Abs. 1)
Bei laufendem/kurz bevorstehendem Projekt mit UnsicherheitenAuftraggeber oder Auftragnehmer; in Dreiecksverhältnissen ggf. Dritte (z. B. Endkunde)Verbindlicher Bescheid; Bindung auch für andere Träger bei Bestandskraft.Interims-Rollen, projektnahe Dienstleistungen, Beratungen mit enger Einbindung
Prognoseentscheidung
(§ 7a Abs. 4a)
Vor Tätigkeitsbeginn – proaktiv Klarheit schaffenNur Beteiligte (Auftraggeber oder Auftragnehmer), nicht DritteBindend, wenn wie prognostiziert umgesetzt; Änderungen binnen 1 Monat melden. Befristet bis 30.06.2027.Projektstart mit erhöhtem Risiko (z. B. IT-Projekt mit Kunden-VPN)
Gruppenfeststellung
(§ 7a Abs. 4b/4c)
Wiederkehrende gleichartige Aufträge/FrameworksBeteiligte (i. d. R. Auftraggeber)Gutachterliche Äußerung, kein Verwaltungsakt; Vertrauensschutz § 7a Abs. 4c. Befristet bis 30.06.2027.Standardisierte Beratungs-Pakete, Kampagnen-Retainer, wiederkehrende Dienstleistungsfälle

Klassische
Entscheidung

(§ 7a Abs. 1)

Wann sinnvoll?
Bei laufendem/kurz bevorstehendem Projekt mit Unsicherheiten
Wer beantragt?
Auftraggeber oder Auftragnehmer; in Dreiecksverhältnissen ggf. Dritte (z. B. Endkunde)
Bindung
Verbindlicher Bescheid; Bindung auch für andere Träger bei Bestandskraft.
Use Cases
Interims-Rollen, projektnahe Dienstleistungen, Beratungen mit enger Einbindung

Prognoseentscheidung
(§ 7a Abs. 4a)

Wann sinnvoll?
Vor Tätigkeitsbeginn – proaktiv Klarheit schaffen
Wer beantragt?
Nur Beteiligte (Auftraggeber oder Auftragnehmer), nicht Dritte
Bindung
Bindend, wenn wie prognostiziert umgesetzt; Änderungen binnen 1 Monat melden. Befristet bis 30.06.2027.
Use Cases
Projektstart mit erhöhtem Risiko (z. B. IT-Projekt mit Kunden-VPN)

Gruppenfeststellung
(§ 7a Abs. 4b/4c)

Wann sinnvoll?
Wiederkehrende gleichartige Aufträge/Frameworks
Wer beantragt?
Beteiligte (i. d. R. Auftraggeber)
Bindung
Gutachterliche Äußerung, kein Verwaltungsakt; Vertrauensschutz § 7a Abs. 4c. Befristet bis 30.06.2027.
Use Cases
Standardisierte Beratungs-Pakete, Kampagnen-Retainer, wiederkehrende Dienstleistungsfälle

Schritt für Schritt: So läuft die Statusfeststellung

  1. Unterlagen vollständig sammeln & schriftlich festhalten: Vertrag/Angebot, Leistungsbeschreibung (Ziele, Umfang, Ergebnisse/Meilensteine), Orga der Zusammenarbeit (Abstimmungsrhythmus, Reaktionszeiten), Steuerung im Alltag (Ort/Zeit/Weisungen), Arbeitsmittel/Zugänge (eigenes Setup vs. Kundenzugänge), Vergütungsmodell, ggf. Vertretung/Zuarbeit. Alles datiert und konsistent.
  2. Antrag stellen (V0027 / online): die gelebte Praxis konkret beschreiben – nicht nur den Vertragstext. Keine Superlative, keine Auslassungen.
  3. Prüfung & Rückfragen: Clearingstelle fragt nach, holt Stellungnahmen ein. Zeitnah antworten und deckungsgleich mit den Unterlagen bleiben.
  4. Entscheidung der DRV.
  5. Abweichende Sicht? Widerspruch möglich (Frist!); ggf. Anhörung und – falls nötig – Klage vor dem Sozialgericht.
  6. Entscheidung umsetzen: Bei Status = Beschäftigung erfüllt der Auftraggeber Arbeitgeberpflichten (Meldungen, Beiträge etc.). Bei Status = Selbstständig Zusammenarbeit weiter nachvollziehbar dokumentieren.
  7. Änderungen der Verhältnisse zeitnah der DRV mitteilen (kann Bewertung ändern).

Formale Basis & Antrag (V0027): So gehst du vor

Die Statusfeststellung beantragst du mit Formular V0027 – als eAntrag oder PDF – bei der DRV-Clearingstelle.

Arbeitest du faktisch nicht nur bei deinem Auftraggeber, sondern im Team des Endkunden (Anleitung/Einbindung dort), kann dieser als Beteiligter gelten und ggf. selbst einen Antrag stellen. Eine Prognoseentscheidung vor Beginn dürfen jedoch nur Auftraggeber oder Auftragnehmer beantragen – nicht Dritte.

Was gehört in den Antrag?

  • Wer & was: Parteien, Vertrags-/Einsatzart, Start/Zeitraum, geplanter Umfang.
  • Ablauf der Zusammenarbeit: Ziele, Aufgaben/Ergebnisse, Abstimmungsrhythmus (z. B. Jour fixe), Ort (remote/on-site/hybrid).
  • Steuerung & Einbindung: Weisungen zu Inhalt/Ort/Zeit? Teilnahme an Teamroutinen/Plänen?
  • Arbeitsmittel/Setup: eigene Geräte/Lizenzen vs. Kundengeräte/-zugänge (wofür, kurz begründen).
  • Vergütung & Abrechnung: Modell (Tagessatz/Retainer/Meilenstein/Pauschale) und Abrechnungslogik.
  • Außenauftritt/Unternehmerrisiko (falls relevant): weitere Auftraggeber, Vertretung/Zuarbeit.

Belege (schlank halten, aber prüffest)

Lege nur Unterlagen bei, die eure Zusammenarbeit tatsächlich belegen. Dazu gehören der Vertrag bzw. das Angebot mit Leistungsanlage, eine kurze Orga-Notiz mit Rhythmus, Zuständigkeiten und Reaktionszeiten, eine übersichtliche Aufstellung der eingesetzten Arbeitsmittel und Zugänge (eigenes Notebook und Lizenzen; ggf. VPN oder Ticketsystem – jeweils mit Zweck) sowie die Vergütungsvereinbarung (z. B. Retainer mit Kontingent, Tagessatz oder Meilensteine). Falls vorgesehen, füge außerdem die Regelungen zu Vertretung oder Zuarbeit bei. Grundsatz: Weniger ist mehr – verzichte auf Sales-Folien und Broschüren und reiche lieber wenige, aber präzise Belege ein.

Prüfung & Rückfragen

Nach Eingang prüft die DRV-Clearingstelle die Unterlagen und gleicht die Angaben beider Seiten ab. Üblich sind Rückfragen (schriftlich oder telefonisch). Antworte zeitnah, konkret und deckungsgleich mit dem Antrag. Vermeide neue widersprüchliche Angaben.

Bist du mit dem Bescheid nicht einverstanden, kannst du Widerspruch einlegen (Frist in der Regel 1 Monat). Im Widerspruchsverfahren kannst du eine mündliche Anhörung beantragen. Bleibt der Streit bestehen, ist danach die Klage beim Sozialgericht möglich.

Änderungen nach Start (bei Prognoseentscheidung)

Die Prognoseentscheidung gilt, wenn ihr so arbeitet, wie im Antrag beschrieben. Ändern sich wesentliche Umstände innerhalb des ersten Monats nach Tätigkeitsbeginn, müsst ihr das kurz schriftlich melden. Die DRV prüft dann, ob die Prognose korrigiert werden muss.

Wesentlich ist alles, was das Gesamtbild spürbar verschieben kann, z. B.:

  • statt Ergebnisabstimmung nun tägliche Detailweisungen oder feste Arbeitszeiten/Präsenzpflicht,
  • Wechsel auf ein reines Mitarbeiter-Setup (Funktionsmail @kunde.de, ausschließlich Kundengeräte/-accounts),
  • Ortswechsel (z. B. von remote zu dauerhaft vor Ort) oder Rollenwechsel (z. B. in eine liniennahe Funktion),
  • Änderung der Vergütungslogik (z. B. hin zu gehaltsähnlicher Monatspauschale ohne Leistungsbezug).

Teile mit, was sich geändert hat und seit wann – knapp und prüffest.

Hinweis-Icon

Praxis-Tipp: Antrag, Vertrag und gelebte Praxis müssen zusammenpassen. Keine Marketingsprache, sondern konkrete, belegbare Tatsachen.

Typische Antragsfehler – kurz erklärt

Häufig scheitert es nicht am Verfahren selbst, sondern an der Darstellung: Das Leistungsbild bleibt vage und die Prozessbeschreibung fehlt. Zwischen Vertrag, Antrag und tatsächlichem Ablauf gibt es Widersprüche. Setup-Details (Kundengeräte, Funktionsmails, Teamroutinen) werden ausgelassen. Die Vergütung wird ungenau beschrieben – etwa als „Monatspauschale“ ohne klare Logik. Besser ist eine Darstellung, die präzise, belegbar und konsistent ist. Und ganz klar: Was ihr schreibt, müsst ihr auch leben – und umgekehrt.

Warnung

In vielen Beraterverträgen stehen unklare oder widersprüchliche Klauseln. Das liefert bei der Prüfung schnell Indizien für abhängige Beschäftigung. Vermeide das mit einem professionell erstellten Beratervertrag. Wer Muster kopiert, riskiert, allein wegen unklarer Formulierungen als abhängig beschäftigt zu gelten.

Häufige Fragen

Nein, sie ist in der Regel freiwillig – aber empfehlenswert, wenn dein Erwerbsstatus unklar, die Indizienlage gemischt ist oder viel Geld/Prozess dranhängt. Zuständig ist immer die DRV-Clearingstelle.

Ja. Bei bestimmten Näheverhältnissen (z. B. Ehe-/Lebenspartner, Abkömmlinge) sowie bei geschäftsführenden Gesellschaftern einer GmbH ist das Verfahren verpflichtend.

Das Verfahren ist kostenfrei. Die DRV nennt im Schnitt ca. drei Monate. Bleibt die Entscheidung aus, ist nach drei Monaten eine Klage auf Erlass der Entscheidung möglich (§ 7a Abs. 6 S. 3 SGB IV).

Grundsätzlich die Vertragspartner (Auftraggeber/Auftragnehmer). In Dreieckskonstellationen kann auch ein Dritter (z. B. Endkunde) beteiligt sein und unter Voraussetzungen selbst beantragen. Eine Prognoseentscheidung vor Beginn dürfen jedoch nur Auftraggeber oder Auftragnehmer beantragen – nicht Dritte.

Ja. Maßstab bleibt die wertende Gesamtwürdigung: Eingliederung, Weisungen (Inhalt/Ort/Zeit), Arbeitsmittel/Setup und Unternehmerrisiko werden im Zusammenspiel bewertet. Kein einzelnes Merkmal entscheidet über den Erwerbsstatus. Ein konsistenter Vertrag hilft, ersetzt aber nicht die gelebte Praxis.

Alles, was das konkrete Verhältnis belegt: Vertrag/Angebot, Leistungsbeschreibung (Ziele/Umfang/Arbeitsergebnisse), Organisation/Steuerung, eingesetzte Arbeitsmittel/Zugänge, Vergütungslogik. Die V0027 kann als eAntrag online gestellt werden.

Ja. Das ist die Prognoseentscheidung. Sie gilt, wenn ihr später so arbeitet, wie im Antrag beschrieben. Ändern sich wesentliche Umstände innerhalb eines Monats nach Tätigkeitsbeginn, müsst ihr das unverzüglich mitteilen; die DRV prüft dann eine Korrektur. Instrument befristet bis 30.06.2027.

Vor Start – wenn Setup/Rolle heikel wirken (Interim, starke Einbindung, Kundenzugänge). Sie ist bindend, wenn ihr die Tätigkeit wie prognostiziert umsetzt; Änderungen innerhalb 1 Monat melden.

Für gleichartige künftige Aufträge gibt es eine gutachterliche Gruppenfeststellung (kein Bescheid). Sie schafft Rahmenklarheit bei wiederkehrendem Standard-Setup. Besonderer Vertrauensschutz nach § 7a Abs. 4c SGB IV. Befristet bis 30.06.2027.

Der Antrag lebt von klaren, widerspruchsfreien Fakten zur gelebten Zusammenarbeit: wer mit wem, wie gesteuert wird (Ort/Zeit/Inhalt), welche Arbeitsmittel/Zugänge genutzt werden und wie vergütet wird. Keine Marketingsprache. Abweichungen zwischen Vertrag und Alltag offen benennen.

Grundsätzlich ja – für Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Die DRV-Statusentscheidung ist rechtsverbindlich und wird zugrunde gelegt. Während Widerspruch/Klage entfaltet sie keine Wirkung. Bindend ist sie mit Bestandskraft (i. d. R. nach 1 Monat ohne Rechtsbehelf).

Nein. Die Unfallversicherung (Berufsgenossenschaft) prüft eigenständig. Arbeitsrechtliche Fragen (Arbeitsverhältnis ja/nein) entscheiden ggf. die Arbeitsgerichte. Die DRV-Entscheidung ist hier nur ein Indiz.

Weiterführende Hinweise