Barrierefreie Online-Shops: Deine neuen Pflichten nach dem BFSG und der BFSGV

Ab dem 28. Juni 2025 gelten durch das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) neue Anforderungen an Onlineshops. Keine Panik: Nicht jeder Online-Shop ist betroffen. In diesem Artikel klären wir, wer tatsächlich ab dem Stichtag barrierefrei sein muss. Erfahre, was rechtlich wichtig ist, um deinen Onlineshop zukunftssicher zu gestalten und einen erweiterten Kundenkreis anzusprechen.

Einleitung

Ab dem 28. Juni 2025 treten in Deutschland mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) und der dazugehörigen Verordnung (BFSGV) neue Regeln in Kraft. Beide Regelungen setzen die Richtlinie (EU) 2019/882 um und stellen sicher, dass bestimmte Produkte und Dienstleistungen zukünftig barrierefrei angeboten werden.

Auch Onlineshops und andere digitale Services, die unter den Begriff „Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr“ fallen, müssen die neuen Barrierefreiheitsanforderungen erfüllen. Dennoch sind nicht alle Onlinehändler betroffen. Dazu später mehr.

Für Onlinehändler bedeutet dies:

  • Bestimmte Pflichten, um eine größtmögliche Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderungen zu garantieren.
  • Eine neue Rechtsgrundlage, die Verstöße sanktionieren kann.
  • Klare Vorgaben, was konkret barrierefrei sein muss und wie dies gestaltet werden soll.

Nachfolgend erklären wir dir, wer betroffen ist und wer nicht. Außerdem geben wir einen umfassenden Überblick über alle relevanten Punkte für Onlineshops & Co.

Wer ist betroffen und wer nicht?

Grundsätzlich betroffen:

Alle Anbieter von Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr, also Online-Shops und ähnlichen E-Commerce-Angeboten,

  • die ihre Produkte/Dienstleistungen weiterhin nach dem 28. Juni 2025 anbieten,
  • sich (auch) an Verbraucher (B2C) richten
  • und den Abschluss eines Vertrags (z.B. Kauf) mit einem Verbraucher anbieten.

Reine B2B-Angebote ohne jeglichen Bezug zu Verbrauchern sowie rein informative Angebote (ohne Kauf- oder Buchungsfunktion) fallen nicht unter „Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr“ nach dem BFSG.

Ausnahme für Kleinstunternehmen:

  • Betriebe mit weniger als 10 Beschäftigten und einem Jahresumsatz oder einer Jahresbilanzsumme von höchstens 2 Mio. Euro gelten als Kleinstunternehmen. Für sie gelten nach dem BFSG die neuen Barrierefreiheitsanforderungen nicht.

Als Kleinstunternehmen bist du von den neuen Barrierefreiheitsanforderungen des BFSG befreit. Solltest du von der Marktüberwachungsbehörde gefragt werden, warum dein Shop nicht barrierefrei ist, musst du nachweisen können, dass du unter diese Ausnahmeregelung fällst.

Gut zu wissen: Selbst wenn du formal ausgenommen bist, könntest du durchaus von barrierefreien Angeboten profitieren. (z.B. größere Zielgruppe und einfache Bestellstrecken).

Warum Barrierefreiheit im Onlinehandel?

  • Gesetzliche Pflicht: Insbesondere § 19 BFSGV („Zusätzliche Anforderungen an Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr“) verlangt eine barrierefreie Gestaltung deiner Online-Angebote.
  • Wachsende Zielgruppe: Menschen mit Sehbeeinträchtigung, Hörbeeinträchtigung, motorischen Einschränkungen oder kognitiven Beeinträchtigungen sind auf barrierefreie Lösungen angewiesen. Dazu gehören zum Beispiel auch ältere Menschen.
  • Wettbewerbsvorteil: Ein barrierefreier Online-Shop ist oft nutzerfreundlicher für alle Kund – höhere Zufriedenheit, weniger Kaufabbrüche.

Was genau ist jetzt Pflicht? – Die Anforderungen im Detail

Nach dem BFSG und § 19 BFSGV müssen Online-Shops unter anderem folgende Punkte zwingend umsetzen:

Allgemeine Barrierefreiheitsprinzipien

(Angelehnt an §§ 3 und 12 BFSGV, in Verbindung mit Artikel 3 BFSG)

Wahrnehmbarkeit:

  • Informationen müssen über mehr als einen sensorischen Kanal verfügbar sein (z.B. Text und/oder Audioversion).
  • Ein ausreichender Farbkontrast und größenverstellbare Schrift sind bereitzustellen.

  • BFSGV § 4 (Produkte) und § 12 (Dienstleistungen) verlangt, Informationen über mehr als einen sensorischen Kanal verfügbar zu machen.
  • In der Praxis reicht es oft, wenn Text korrekt auszeichnungsfähig ist (z.B. HTML), weil Screenreader und andere Assistenztechnologien das zu einem akustischen Kanal machen.
  • Ein separates Audiodatei-Format (z.B. MP3 mit Produkttext) ist nicht zwingend vorgeschrieben.

Bedienbarkeit:

  • Die Navigation darf nicht ausschließlich auf Feinmotorik (z.B. Maus) setzen. Auch Tastatursteuerung oder Screenreader-Kompatibilität soll gewährleistet werden.
  • Zeitbegrenzungen (z.B. bei Bestell-Timeouts) müssen erkenntlich sein und möglichst verlängerbar sein.

Verständlichkeit:

  • Klar strukturierte Inhalte und verständliche Sprache.
  • Fehlermeldungen sind aussagekräftig und möglichst so zu gestalten, dass Nutzer den Fehler leicht beheben können.

Allgemein verständliche Sprache ist im Gesetz nicht exakt definiert. Wichtig zu wissen ist, dass weder von “leichter Sprache” noch “einfacher Sprache” die Rede ist. Für diese gelten nämlich geregelte Bedingungen. Eine Pflicht, einen Text explizit in „Leichter Sprache“ anzubieten, besteht nicht.

Für Onlineshops schreibt das Gesetz also lediglich vor, dass alle relevanten Informationen (z.B. Produktbeschreibungen, Vertragsbedingungen, Bestellschritte) in allgemein verständlicher Sprache dargestellt werden sollten. Du möchtest deine Texte überarbeiten? Dafür haben wir am Ende des Artikels einen nützlichen Prompt für dich.

Robustheit:

  • Dein Shop muss mit gängigen Hilfstechnologien (Screenreader, Vergrößerungssoftware etc.) interoperabel sein.
  • Die Seitenstruktur (HTML/CSS) sollte sauber programmiert sein, damit Assistenztechniken zuverlässig zugreifen können.

(siehe §§ 12 und 19 BFSGV, § 3 BFSG)

Spezifische Anforderungen für Online-Shops

(Gemäß § 19 BFSGV – „Zusätzliche Anforderungen an Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr“)

Barrierefreie Produktinformationen

  • Produktbeschreibungen sollen in Textform verfügbar sein, die sich für Screenreader eignet und gut konvertiert werden kann.
  • Alternativtexte für Bilder („Alt-Texte“) sind Pflicht.

Nicht jede „Textform“ ist automatisch screenreadertauglich: Produktbeschreibungen können z.B. in Bildern, unstrukturierten PDFs oder anderen Formaten vorliegen, die Screenreader nicht korrekt auslesen können. Daher fordert das Gesetz, dass Produktinfos tatsächlich als echter (barrierefreier) Text verfügbar sein müssen.

Zum Beispiel:

  • Richtige HTML-Auszeichnung: Produktbeschreibungen als plain text in HTML-Tags (z.B. <p>, <div>).
  • Ordentlich getaggte PDFs (für Screenreader aufbereitet).
  • Echter Text in gängigen Shopsystemen (z.B. Shopify-Editor, Magento etc.), der nicht als Grafik eingebettet ist.

Wenn die Beschreibungen so hinterlegt sind, kann ein Screenreader sie problemlos vorlesen.

Barrierefreie Darstellung von Barrierefreiheitsmerkmalen

  • Wenn ein Produkt selbst barrierefreie Merkmale aufweist, dann müssen diese in der Produktinformation besonders hervorgehoben bzw. beschrieben werden, damit Verbraucher mit Behinderungen (oder mit speziellen Bedürfnissen) gezielt erkennen können: „Aha, dieses Gerät ist auf meine Bedürfnisse zugeschnitten.“

Identifizierungs- und Authentifizierungsprozesse

  • Anmeldemasken, Log-in-Verfahren und Passworteingaben sind so zu gestalten, dass sie für alle nutzbar sind.
  • Wenn du beispielsweise ein Captcha nutzt, muss eine barrierefreie Alternative (Audio-Captcha, einfache Textfrage) vorhanden sein.

Sichere und barrierefreie Zahlungsmethoden

  • Bezahlschritte dürfen nicht nur über komplizierte Feinmotorik (z.B. kleine Checkboxen) funktionieren.
  • Auf korrekte Beschriftungen achten (Screenreader-Lesbarkeit).
  • Authentifizierungs- und Zahlungsfunktionen müssen laut BFSGV „wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust“ sein.

Barrierefreiheit von audiovisuellen Inhalten

Wenn du in deinem Onlineshop Videos oder Audios einbindest (z.B. Produktvorstellungen, Erklärvideos), müssen diese auch für Nutzer mit Seh- oder Hörbeeinträchtigungen zugänglich sein.

  • Untertitel bzw. Transkript für Videoinhalte bei Sprachanteilen
  • Audiodeskription oder begleitende Textinformationen, wenn es wichtige visuelle Details gibt

Gesetzlicher Hintergrund: Nach § 12 Absatz 2 Nr. 2 Buchstabe a BFSGV müssen Informationen zur Dienstleistung über mehr als einen sensorischen Kanal verfügbar sein, was auch Multimedia einschließt (siehe Anhang I der Richtlinie (EU) 2019/882).

Hinweis auf Unterstützungsangebote:

Stelle klar, wie Betroffene bei technischen Fragen oder Bestellproblemen unterstützt werden (z.B. barrierefreier Chat, Gebärdenvideo-Hotline oder zumindest E-Mail-Kontakt, der zügig beantwortet wird).

Kennzeichnung der Barrierefreiheitsfunktionen

Laut § 14 des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG) und der Verordnung zum BFSG (BFSGV, insbesondere § 12 BFSGV) müssen Dienstleister ihre Informationen über die Barrierefreiheitsmerkmale öffentlich und leicht auffindbar bereitstellen. Das heißt konkret, dass du als Anbieter klar kommunizieren musst, welche barrierefreien Funktionen (z.B. Screenreader-Kompatibilität oder Tastaturbedienung) vorhanden sind und wie sie aktiviert werden können.

Es gibt keine gesetzliche Vorgabe, wo diese Hinweise zu platzieren sind (z.B. in einer separaten Erklärung oder in Geschäftsbedingungen). Entscheidend ist, dass die Informationen leicht zu finden, verständlich aufbereitet und in geeigneter Form dargestellt sind, damit Menschen mit Behinderungen problemlos erkennen, wie sie dein Angebot barrierefrei nutzen können.

Für die Umsetzung empfehlen wir, dass du auf deiner Webseite eine zusätzliche Unterseite mit dem Titel „Information zur Barrierefreiheit“ einrichtest. Diese Webseite sollte von der Startseite und allen anderen Seiten durch einen Link mit der Beschriftung „Information zur Barrierefreiheit“ (oder, wenn der Platz nicht reicht, kurz „Barrierefreiheit“). Auf der Informationsseite könnte dann zum Beipiel stehen:

  • „Alle Bilder in unserem Onlineangebot haben Alternativ-Texte, die mit einem Screenreader vorgelesen werden können.“
  • „Die Schriftgröße ist mit der Zoom-Funktion des Browsers veränderbar.“
  • „Unser Onlineangebot lässt sich auch komplett mit der Tastatur bedienen. In den Menüs auf unserer Webseite kann man mit der Tabulator-Taste von Punkt zu Punkt springen und den gewünschten Menüpunkt mit der Enter-Taste auswählen. Gleiches gilt für Formularfelder und Links auf unserer Webseite.“

Übergangsfristen und zeitlicher Rahmen

  • Stichtag 28. Juni 2025: Ab diesem Datum müssen neue oder weitergeführte Online-Shops (wenn nicht Kleinstunternehmen) die Anforderungen erfüllen.
  • Selbstbedienungsterminals, die für die Dienstleistung eingesetzt werden (z.B. Ticket- oder Bezahlautomaten in Läden), dürfen ab 28. Juni 2025 nur eingesetzt werden, wenn sie barrierefrei sind. Bereits vorher installierte Terminals können ggf. bis zum Ende ihrer Lebensdauer betrieben werden, maximal aber weitere 20 Jahre.
  • Kleinstunternehmen: Befreit von den gesetzlichen Barrierefreiheitsanforderungen, können jedoch freiwillig umsetzen.

Dokumentation und Nachweispflichten

Um im Zweifelsfall (z.B. bei Beschwerden oder Kontrollen) belegen zu können, dass du die Barrierefreiheitsanforderungen erfüllst, musst du der Marktüberwachungsbehörde auf deren Verlangen alle erforderlichen Informationen bereitstellen (§ 6 Absatz 2 BFSG, § 14 Absatz 5 BFSG). Das Gesetz schreibt keine bestimmte Form dafür vor. In der Praxis sind jedoch folgende empfohlene Schritte hilfreich, um deiner Nachweispflicht sicher nachzukommen:

  • Barrierefreiheits-Checklisten führen und systematisch dokumentieren, welche Maßnahmen du umgesetzt hast.
  • Testergebnisse (z.B. eigene Screenreader-Tests, externe Accessibility-Audits) aufbewahren.
  • Protokolle und Audit-Trails anlegen, wann und wie du Barrierefreiheitsmaßnahmen implementiert oder Änderungen vorgenommen hast.
  • Bei unverhältnismäßiger Belastung (z.B. extrem hohe Kosten) darfst du ggf. von einzelnen Anforderungen abweichen – aber nur, wenn du dies anhand stichhaltiger Unterlagen nachvollziehbar begründen kannst (§ 17 BFSG).

Du kannst deine Angebote auch von spezialisierten Dienstleistern testen lassen, wie zum Beispiel https://bitvtest.de oder https://gehirngerecht.digital (Bitte beachten: Wir haben diese Services nicht selbst getestet).

Sanktionen und Kontrolle

  • Die Marktüberwachungsbehörden der Länder sind zuständig für die Überwachung.
  • Verstöße können zu Vertriebsverboten, Produktrückrufen (im Falle von physischen Produkten) und Bußgeldern führen.
  • Es ist damit zu rechnen, dass besonders offensichtliche Barrieren (z.B. fehlende Alternativtexte, unbedienbare Formulare) als erstes abgemahnt werden.

Praktische Tipps für die Umsetzung

Bereich Praxis-Tipp
Layout und Design
  • Reduziere Komplexität.
  • Nutze klare Kontraste und große Bedienelemente.
Texte und Bilder
  • Schreibe verständlich (wenn möglich in einfacher Sprache).
  • Verwende Alt-Texte für alle Grafiken.
Formulare (Checkout)
  • Biete Fehlermeldungen an, die Nutzer klar erklären, was zu tun ist.
  • Beschrifte jedes Eingabefeld.
Zahlungsmethoden
  • Achte auf Tastatur-Bedienbarkeit.
  • Prüfe, ob die Zahlungsanbieter (z. B. PayPal, Kreditkartenformulare) ihrerseits barrierefrei sind.
Captchas und Authentifizierung
  • Alternativwege (Audio-Captcha, Sicherheitsfragen, etc.).
  • Auf ausreichende Schriftgröße und einfache Ablaufanweisungen achten.
Interne Tests
  • Teste regelmäßig mit Screenreader und Vergrößerungssoftware.
  • Überprüfe, ob deine Inhalte auch ohne Maus nutzbar sind.
Dokumentation
  • Dokumentiere die Umsetzung von Maßnahmen und die Ergebnisse von Testungen.
Kennzeichnung der Barrierefreiheitsfunktionen
  • Beispielsweise in den FAQ, in einer Barrierefreiheitserklärung oder in den AGB.

Regelmäßige Updates und Pflege

Auch nach dem Launch sollte jeder Relaunch oder jedes größere Update barrierefrei gestaltet werden. Dies gilt für:

  • Shop-Updates (neue Versionen deines E-Commerce-Systems)
  • neue Funktionen (z. B. zusätzliche Zahlungsmethoden, Chatbots)
  • Design-Änderungen (z. B. neues Template)

Denn sobald sich wesentliche Teile der Website ändern, musst du sicherstellen, dass keine neuen Barrieren entstehen und vorhandene Barrierefreiheitsfunktionen weiterhin funktionieren.

Gesetzlicher Hintergrund: Das BFSG und die BFSGV enthalten zwar keine ausdrückliche Update-Pflicht, doch nach § 14 BFSG muss ein Dienstleistungserbringer „die Anforderungen an die Barrierefreiheit stets gewährleisten“. Jede Änderung, die Barrieren erzeugt, wäre ein möglicher Verstoß.

Fazit

Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz und der BFSGV wächst die Verantwortung für Onlinehändler, ihre Shops und Verkaufsprozesse für alle zugänglich zu machen. Betroffen sind zwar nicht die Kleinstunternehmen, aber alle anderen sollten mit den notwendigen technischen und organisatorischen Maßnahmen beginnen – von klarer Struktur und Kontrast über Screenreader-Kompatibilität bis hin zur barrierefreien Zahlungsabwicklung. Damit sorgst du nicht nur für Rechtssicherheit ab dem Stichtag, sondern schaffst ein inklusives Einkaufserlebnis, das sich in höherer Kundenzufriedenheit und langfristigem Wachstum auszahlen kann.

Häufige Fragen

Grundsätzlich sind alle Unternehmen verpflichtet, die Barrierefreiheitsanforderungen zu erfüllen – vorausgesetzt, ihre Produkte oder Dienstleistungen fallen in den Anwendungsbereich des Gesetzes. Eine wichtige Ausnahme besteht für Kleinstunternehmen (weniger als 10 Beschäftigte und maximal 2 Mio. Euro Jahresumsatz oder Jahresbilanzsumme).

Zusätzlich sieht das BFSG vor, dass du in besonderen Fällen von einzelnen Anforderungen abweichen kannst, wenn deren Umsetzung entweder zu einer grundlegenden Veränderung der Wesensmerkmale deines Produkts oder deiner Dienstleistung führt oder eine unverhältnismäßige wirtschaftliche bzw. organisatorische Belastung darstellt (§§ 16, 17 BFSG). Das bedeutet, dass die Vorgaben der BFSGV nur insoweit Anwendung finden, wie sie nicht dein Kerngeschäft oder die charakteristischen Eigenschaften deines Angebots nachhaltig beeinträchtigen und du nachweisen kannst, dass eine vollständige Umsetzung für dein Unternehmen nicht zumutbar wäre.

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) richtet sich in erster Linie an Anbieter von digitalen Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr – also an Online-Shops und vergleichbare Plattformen, bei denen Verbraucher Verträge (zum Beispiel Kaufabschlüsse) abschließen können. Reine Informationsseiten ohne Kauf- oder Buchungsfunktion fallen nicht in den Anwendungsbereich des BFSG.

Webseiten werden dabei nicht explizit erwähnt; entscheidend ist, ob über die Webseite eine Dienstleistung im elektronischen Geschäftsverkehr angeboten wird. Unter das Gesetz fällt dann diese Dienstleistung und das kann dazu führen, dass die gesamte Webseite oder relevante Teile barrierefrei sein müssen.

Die Behörden können deinen Service untersagen, Geldbußen verhängen oder Maßnahmen anordnen. Auch zivilrechtliche Klagen sind möglich.

Reine B2B-Geschäfte sind nicht betroffen. Das ist beispielsweise bei onwalt.de der Fall, weil sich unser Angebot Verbraucher ausdrücklich ausschließt. Das steht auch so auf jeder Produktseite.

Sofern du aber auch an Verbraucher verkaufst oder diese zumindest nicht ausdrücklich ausschließt und somit mehrere Zielgruppen (B2B & B2C) hast, bist du verpflichtet, Dein Angebot barrierefrei zu gestalten. In einem Bürobedarf-Shop zum Beispiel können auch Verbraucher einen Stapel Papier kaufen.

Ja, sofern du dein Angebot weiterhin aufrechterhalten möchtest und nicht unter die Definition der Kleinstunternehmen fällst. Wir empfehlen wir frühzeitiges Handeln, um Abmahnungen oder Sanktionen zu vermeiden. Eine Umsetzung schon vor dem 28. Juni 2025 ist natürlich auch zulässig.

Das BFSG gilt unter anderem für:

  • Hardwaresysteme für Universalrechner (Desktops, Notebooks, Tablets, Smartphones)
  • Selbstbedienungsterminals (z. B. Geldautomaten, Fahrausweis- und Check-in-Automaten)
  • Verbraucherendgeräte für Telekommunikationsdienste
  • Verbraucherendgeräte für den Zugang zu audiovisuellen Mediendiensten
  • E-Book-Lesegeräte
  • Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr (Online-Shops für Verbraucher)

Andere Waren wie handgefertigte Schmuckstücke, DIY-Gegenstände oder rein dekorative Produkte fallen nicht unter diese Definitionen. Wenn du allerdings Smartphones in deinem Onlineshop verkaufst, müssen diese ab dem Stichtag barreirefrei sein.

Allerdings kannst du auch vom BFSG betroffen sein, wenn du andere Artikel verkaufst - genau darum geht es in diesem Artikel. Bitte lies dazu die nächste Frage.

Ja, unter Umständen schon. Du musst zwei Bereiche unterscheiden:

  • barrierefreie Produkte (z. B. Hardwaresysteme, E-Book-Lesegeräte)
  • barrierefreie Dienstleistungen (z. B. ein Onlineshop als „Dienstleistung im elektronischen Geschäftsverkehr“)

Produktseitig gilt das BFSG nur für die in § 1 Absatz 2 BFSG aufgeführten Produktkategorien (Hardwaresysteme für Rechner, Selbstbedienungsterminals, Verbraucherendgeräte für Telekommunikation oder audiovisuelle Medien, E-Book-Lesegeräte). Wenn du ausschließlich Produkte außerhalb dieser Liste verkaufst (z. B. DIY-Schmuck, Tassen, Kleidung), gilt die gesetzliche Barrierefreiheitspflicht nicht für diese Waren selbst.

Dienstleistungsseitig muss dein Onlineshop aber trotzdem barrierefrei sein, wenn du Verbraucher ansprichst und kein Kleinstunternehmen bist. Das BFSG sieht nämlich vor, dass „Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr“ barrierefrei angeboten werden müssen. Die Frage, ob ob dein Shop (als Dienstleistung) barrierefrei sein muss, ist also unabhängig davon, ob deine in dem Shop verkauften Artikel selbst barrierefrei sein müssen.

Merke:

  • Hast du ein Kleinstunternehmen (unter 10 Mitarbeiter und gleichzeitig maximal 2 Mio. Euro Jahresumsatz/-bilanzsumme), bist du von der Barrierefreiheitspflicht ausgenommen.

Nein, das BFSG erfasst nur ganz bestimmte Produktkategorien wie Computer-Hardware, E‑Book‑Lesegeräte oder Selbstbedienungsterminals (§ 1 Absatz 2 BFSG). Handgefertigter Schmuck oder DIY-Keramik unterliegt daher keinen Barrierefreiheitsauflagen nach dem BFSG.

Weiterführende Informationen

Bonus: Prompt-Beispiel für barrierefreie Sprache

Im Barrierefreiheitsstärkungsgesetz gibt es keine Pflicht für „einfache Sprache“ oder „leichte Sprache“. Allerdings wird an vielen Stellen erwähnt, Inhalte sollen in allgemein verständlicher Sprache verfasst sein. Davon profitieren Menschen mit Beeinträchtigungen und genauso viele andere.

Klare, verständliche Texte erhöhen Glaubwürdigkeit und Kundenzufriedenheit, denn viele Menschen haben unterschiedliche Bedürfnisse.

Ein kurzer Vergleich:

  • Kompliziert: „Diese filigran gearbeitete Halskette besteht aus einem semipräzisen, hochreflektierenden Metalllegierungsverbund …“ 🤔
  • Einfach: „Verleihen Sie Ihrem Outfit einen Hauch von Eleganz: Diese filigrane Halskette aus glänzendem Metall besticht durch liebevolle Handarbeit …“ Schon besser, oder?

KI als Helfer: Glücklicherweise können Tools wie ChatGPT deine Texte schnell verfeinern. Einen Beispiel-Prompt (also eine Arbeitsanweisung an das KI-Tool) findest du unten ⬇️. So kommst du unkompliziert zu barrierearmen, ansprechenden Texten.

Hier kommt dein Prompt

Voraussetzungen:

  1. Bitte achte auf einfache, leicht verständliche Sprache (kurze Sätze, wenig Fachjargon).
  2. Sprich meine Zielgruppe (Verbraucher) direkt an und erkläre Inhalte so, dass auch Personen mit Einschränkungen sie gut verstehen können.
  3. Nutze eine freundliche, professionelle und vertrauenswürdige Tonalität.
  4. Achte auf klare Struktur mit Absätzen, Überschriften und (wo passend) Aufzählungen.
  5. Baue bei Bedarf kurze Erklärungen oder Definitionen ein, wenn Fachbegriffe unvermeidlich sind, damit jede*r die Bedeutung versteht.
  6. Fokus: Die fertigen Texte sollen Menschen zum Kauf motivieren und das Produkt / Angebot attraktiv präsentieren.

Aufgabe:

  • Nimm meinen nachfolgenden Text und überarbeite ihn nach den oben genannten Kriterien. Achte auch auf eine möglichst barrierearme Gestaltung (einfache Sprache, sinnvolle Überschriften, gut verständliche Beispiele).
  • Passe ggf. Formulierungen an, um die Vorteile für meine Kunden hervorzuheben und Vertrauen aufzubauen.

Mein Originaltext:

[Hier den ursprünglichen Text einfügen]

Anwendungshinweis:

  1. Prompt kopieren und in das gewünschte KI-Tool (z. B. ChatGPT) einfügen.
  2. Den eigenen Text anstelle von [Hier den ursprünglichen Text einfügen] einfügen.
  3. Ggf. den Prompt anpassen (z. B. Tonalität weiter spezifizieren, Fachbegriffe ergänzen).
  4. Die generierte Antwort noch einmal prüfen, testen und individuell nachbearbeiten.
  5. Statt ganze Webseiten zu überarbeiten, empfehlen wir einzelne Texte Stück für Stück zu optimieren.

Mit diesem Prompt erhältst du barrierearme, leicht verständliche und dennoch verkaufsstarke Texte, die deine potenziellen Käufer auf überzeugende Weise ansprechen.

⚠️ Bitte beachte: Dieser KI-gestützte Prozess dient vor allem als Marketing-Hilfe. Er ersetzt keine anwaltliche Beratung und garantiert nicht automatisch die vollständige Einhaltung gesetzlicher Vorgaben.