Sachmängel, Gewährleistung und Garantie

Manchmal ist eine Ware nicht in Ordnung oder verfehlt die Erwartungen des Käufers. Hier erklären wir, was Beschwerden vermeidet und wie Onlinehändler mit Mängelrügen umgehen sollten.

Artikelbeschreibung als Maßstab

Ein Sachmangel liegt vor, wenn – verkürzt gesagt – der gelieferte Artikel negativ von der Beschreibung des Artikels abweicht. Die Artikelbeschreibung ist also der zentrale Maßstab für die Beurteilung, ob ein Mangel vorliegt. Zur Artikelbeschreibung zählen auch Abbildungen. Je genauer Sie die Artikeleigenschaften beschreiben, desto weniger Missverständnisse gibt es.

Mögliche Sachmängel

Es gibt verschiedene Arten von Sachmängeln, z.B. Materialfehler (z.B. Risse, Löcher, Abplatzungen), Falschlieferung (z.B. andere Größe oder Farbe als bestellt), oder die Lieferung einer zu geringen Menge. Ein Sachmangel kann auch darin bestehen, dass eine Aufbauanleitung mangelhaft ist, und der Käufer deshalb die Sache nicht richtig verwenden kann, oder dass Teile fehlen (z.B. die zugesagten Batterien für eine Uhr).

Die Gewährleistungsrechte des Käufers

Wenn ein Sachmangel vorliegt, stehen dem Käufer bestimmte gesetzliche Rechte zu – die Gewährleistungsrechte gemäß § 437 BGB. Dazu gehören Nacherfüllung, Minderung, Rücktritt und Schadensersatz:

Nacherfüllung

bedeutet die Behebung des Mangels. Dabei kann der Käufer zwischen zwei Arten der Nacherfüllung wählen:

  1. Mangelbeseitigung, d.h. Reparatur des defekten Artikels oder Nachlieferung fehlender Bestandteile (z.B. Ausbesserung einer Naht, Nachlieferung fehlender Batterien).
  2. Neulieferung, d.h. der Käufer schickt die komplette Ware zurück und erhält dafür neue (z.B. wenn der Verkäufer einen Artikel in falscher Farbe oder Größe versandt hatte).

  3. Bei beiden Arten der Nacherfüllung hat der Verkäufer alle „zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen“ (§ 439 BGB). Schickt also ein Käufer eine mangelhafte Ware zurück, muss der Verkäufer dem Käufer seine Porto- und Verpackungskosten erstatten und auch die Kosten für den erneuten Versand der reparierten oder ausgetauschten Sache tragen.

    Minderung

    bedeutet die nachträgliche Senkung des Kaufpreises, wenn eine Nacherfüllung nicht möglich ist. Wurde z.B. ein Unikat beim Transport beschädigt und gibt es keine Reparatur- oder Austauschmöglichkeit, will der Käufer die Sache aber trotzdem behalten, kann der Käufer den Kaufpreis nachträglich mindern. Vom gezahlten Preis kann der Käufer also einen angemessenen Teil zurückverlangen. Welche Minderung angemessen ist, hängt vom konkreten Einzelfall ab. Hier empfiehlt es sich, mit dem Käufer in Ruhe darüber zu sprechen. Als Verkäufer haben Sie in so einem Falle die Chance, aus einem enttäuschten Käufer einen zufriedenen Kunden zu machen, der wieder zu Ihrem Shop zurückkehren wird.
    Das Minderungsrecht besteht auch dann, wenn bereits zwei Reparatur- oder Austauschversuche fehlgeschlagen sind oder der Verkäufer die Nacherfüllung verweigert.

    Rücktritt vom Kaufvertrag

    Unter den gleichen Voraussetzungen wie für die Minderung kann der Käufer auch vom Vertrag zurücktreten. Ist also eine Sache weder reparabel noch austauschbar, oder ist eine Nacherfüllung bereits zweimal fehlgeschlagen oder wird sie vom Verkäufer verweigert, so kann der Käufer die Ware zurückschicken und hat Anspruch auf Erstattung des Kaufpreises.

    Schadensersatz

    Ist ein Käufer zur Minderung oder zum Rücktritt berechtigt, kann er gleichzeitig Schadensersatz verlangen für die finanziellen Einbußen, die mit der Minderung oder dem Rücktritt zusammenhängen. Tritt der Käufer vom Vertrag zurück, kann er zum Beispiel das Porto für die Rücksendung der Ware als Schadensersatz erstattet verlangen. Es könnte auch sein, dass der Käufer vom Vertrag zurücktritt und den gleichen Artikel anschließend von einem anderen Verkäufer erwirbt (man spricht hier von Ersatzbeschaffung). Wenn der Preis des Ersatzgeschäftes höher ist als für die ursprüngliche Bestellung, kann der Käufer die Preisdifferenz als Schadensersatz geltend machen. Dies gilt aber nur, wenn es sich bei dem Ersatz um den gleichen Artikel handelt. Der Rücktritt berechtigt nicht dazu, auf Kosten des ersten Verkäufers etwas ganz anderes zu kaufen.

    Praktische Handhabung von Gewährleistungsfällen

    Ist ein Käufer mit einem Artikel wegen eines Mangels unzufrieden, muss er dem Verkäufer möglichst genau beschreiben, worin das Problem besteht. Nur so kann der Verkäufer einschätzen, ob und wie der Mangel zu beheben ist. Eine völlig unbestimmte Mitteilung des Käufers (das Produkt „geht nicht“) reicht nicht aus.

    Streiten Käufer und Verkäufer darum, ob eine Sache bei Lieferung mangelhaft war, muss der Käufer den Mangel beweisen. Kauft allerdings ein Verbraucher bei einem Unternehmer (und das ist der Regelfall), gilt im ersten halben Jahr nach Lieferung eine Beweislastumkehr: Innerhalb dieser Zeitspanne muss der Verkäufer beweisen, dass die Ware bei Lieferung mangelfrei war. Das ist für den Verkäufer meist so gut wie unmöglich. Denn auch für Schäden, die beim Versand entstehen, muss der Verkäufer einstehen.

    Die Gewährleistungsrechte verjähren im Regelfall zwei Jahre nach Lieferung. Ist diese Zeit verstrichen, kann der Käufer – bis auf einige Ausnahmefälle – keine Ansprüche mehr geltend machen. Man nennt diese Zeitspanne auch „Gewährleistungsfrist“.

    Bedenken Sie immer: Eine sachliche Käuferbeschwerde gibt Ihnen die Chance, das eigene Angebot zu verbessern. Lernen Sie von Ihren Kunden! Guter Service – gerade gegenüber zunächst unzufriedenen Käufern – ist ein wichtiges Qualitätsmerkmal.

    Beschränkung der Gewährleistungsrechte

    Natürlich wollen Verkäufer Kosten und Risiken der Gewährleistung in Grenzen halten. Aber Vorsicht: Soweit Sie neue Sachen an Verbraucher verkaufen, dürfen Sie die gesetzlichen Gewährleistungsrechte nicht beschränken – weder in AGB noch in anderer Weise. Lediglich bei gebrauchten Sachen („Vintage“) gibt es eine Option, die Gewährleistungsfrist mit einer passenden AGB-Klausel auf ein Jahr zu reduzieren – siehe hierzu auch den Rechtsportal-Artikel zu Besonderheiten beim Verkauf von Gebrauchtwaren.

    Der Unterschied zur Garantie

    Während das Gewährleistungsrecht den gesetzlichen „Mindeststandard“ darstellt, bedeutet eine Garantie ein darüber hinausgehendes, freiwilliges (aber rechtlich verbindliches) Versprechen des Verkäufers. So kann der Verkäufer eine bestimmte Haltbarkeit garantieren, z.B. fünf Jahre für Nähte. Einen gesetzlich definierten Inhalt einer Garantie gibt es nicht. Deshalb muss ein Verkäufer etwaige Garantieklauseln stets selbst formulieren.

    Allerdings stellt das Gesetz hohe Anforderungen an wirksame Garantieklauseln: Der Inhalt der Garantie muss genau beschrieben werden einschließlich der Art und Weise, wie der Käufer die Garantie geltend machen kann. Eine gut gemeinte, aber ungenaue „Garantie“ ist meist unwirksam und kann zu Abmahnungen durch Wettbewerber führen.

    Wer also als Verkäufer nur die gesetzlichen Gewährleistungsrechte meint, sollte das Wort „Garantie“ in Produktbeschreibungen und AGB nicht verwenden.

    Verhältnis zum Verbraucher-Widerrufsrecht

    Das Gewährleistungsrecht und das Verbraucher-Widerrufsrecht bestehen nebeneinander. Ist der Käufer wegen eines Mangels nicht zufrieden, kann er entweder mit Hinweis auf den Mangel seine Gewährleistungsrechte geltend machen, oder aber den Kaufvertrag ohne Angabe von Gründen widerrufen. Beides hat Vor- und Nachteile:

    • Verlangt der Käufer Nacherfüllung, muss er den Mangel beschreiben und notfalls beweisen können. Transportkosten für die Mangelbeseitigung übernimmt dann der Verkäufer.
    • Erklärt der Käufer hingegen den Widerruf, erspart ihm das den Nachweis eines Mangels, schließt aber auch die Gewährleistungsrechte aus. Gegen Rücksendung des Artikels erhält der Käufer sein Geld zurück, muss aber eventuell das Retourenporto tragen.

    Ist die Widerrufsfrist für den Vertrag abgelaufen, bestehen die Gewährleistungsrechte weiter bis zum Ende der Verjährungsfrist von (meistens) zwei Jahren.

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    Beispiele

    • Beispiel 1: Lisa hat von Maxie eine „wetterfeste Fahrradtasche“ aus gebrauchter LKW-Plane gekauft. Aber schon beim ersten Regen dringt Wasser durch eine Naht. Lisa verlangt von Maxie daher eine neue Tasche. Maxie erklärt, dass alle Taschen Einzelstücke sind und daher keine zweite Tasche mit demselben Druckmuster existiert. Eine Neulieferung scheidet daher aus. Maxie bietet aber an, die Nähte zu überarbeiten und zu imprägnieren. Lisa ist einverstanden. Sie schickt die Tasche zu Maxie, die sie nachbessert und zurückschickt. Zugleich erstattet Maxie auch Lisas Porto für die Einsendung der defekten Tasche. Lisa freut sich über den professionellen Kundenservice.
    • Beispiel 2: Lisa hat für 40 Euro eine rare Schallplatte ergattert. Als die Platte ankommt, hat sie einige Kratzer – zwei der zehn Lieder sind kaum zu hören. Weil die Kratzer nicht zu beheben sind und die gleiche Schallplatte nirgendwo sonst erhältlich ist, mindert Lisa den Kaufpreis um 20%. Der Verkäufer erstattet ihr 8 Euro. Lisa hätte wegen des nicht behebbaren Mangels auch vom Kauf zurücktreten können, aber sie wollte die übrigen acht Lieder gern hören und die Platte daher behalten. Deshalb wählte sie die Minderung.
    • Beispiel 3: Maxie kauft eine Schreibtischlampe. Beim Auspacken stellt sie fest, dass die Lampe flackert. Sie schickt die Lampe dem Verkäufer mit Bitte um Reparatur. Wenig später ist die Lampe wieder da – aber leuchtet jetzt überhaupt nicht mehr. Maxie schickt die Lampe erneut ein, aber auch nach der neuerlichen „Reparatur“ hat sich nichts verbessert. Maxie hat jetzt genug. Sie will mit der Lampe und dem Verkäufer nichts mehr zu tun haben. Sie erklärt wegen der zweimal fehlgeschlagenen Reparaturversuche den Rücktritt vom Vertrag. Der Verkäufer hat ein Einsehen, nimmt die Lampe zurück und erstattet Maxie den Kaufpreis und alle ihre Portokosten.